Verbotene Gewaltdarstellungen
Gemäss Art. 135 StGB wird bestraft, wer Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände oder Vorführungen, die, ohne schutzwürdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Wert zu haben, grausame Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere eindringlich darstellen und dabei die elementare Würde des Menschen in schwerer Weise verletzen, herstellt, einführt, lagert, in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt, anbietet, zeigt, überlässt oder zugänglich macht, erwirbt, sich über elektronische Mittel oder sonst wie beschafft oder besitzt. Besitz liegt auch vor, wenn der Herrschaftswille durch Download einschlägiger Daten auf einen Datenträger zum Ausdruck gebracht wird, da bzw. soweit der User damit zu erkennen gibt, dass er auf diese Bilder wieder zurückgreifen will. Richtigerweise ist jedoch die Annahme eines Besitzes von Bildern im Cache-Speicher ausgeschlossen.
Beschaffen ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 197 Ziff. 3bis StGB z.B. das Verschaffen eines dauernden und unbeschränkten Zugangs zu einer Website mit verbotenen Darstellungen, sodass der Täter über die Daten frei verfügen kann, oder das Belassen eines auf Täterinitiative zugesandten E-Mails mit strafbarem Datenanhang im Eingangsspeicher. Gezieltes Abspeichern illegaler Dateien ist hingegen herstellen (BGE 131 IV 20 ff., zu Art. 197 Ziff. 3bis StGB; Andreas Donatsch, OFK-StGB, StGB 135 N 11 f.).
Verbotene Pornografie
Nach Art. 197 StGB wird u.a. bestraft, wer pornografische Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände solcher Art oder pornografische Vorführungen einer Person unter 16 Jahren anbietet, zeigt, überlässt, zugänglich macht oder durch Radio oder Fernsehen verbreitet. Wer die Besucher von Ausstellungen oder Vorführungen in geschlossenen Räumen im Voraus auf deren pornografischen Charakter hinweist, bleibt straflos. Ebenfalls wird bestraft, wer eine minderjährige Person anwirbt, damit diese an einer pornografischen Vorführung mitwirkt, oder wer sie zur Mitwirkung an einer derartigen Vorführung veranlasst. Zudem wird bestraft, wer Gegenstände oder Vorführungen im genannten Sinne, die sexuelle Handlungen mit Tieren oder mit Gewalttätigkeiten unter Erwachsenen oder nicht tatsächliche sexuelle Handlungen mit Minderjährigen zum Inhalt haben, herstellt, einführt, lagert, in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt, anbietet, zeigt, überlässt, zugänglich macht, erwirbt, sich über elektronische Mittel oder sonst wie beschafft oder besitzt. Schlussendlich wird bestraft, wer Gegenstände oder Vorführungen im genannten Sinne, die sexuelle Handlungen mit Tieren oder mit Gewalttätigkeiten unter Erwachsenen oder nicht tatsächliche sexuelle Handlungen mit Minderjährigen zum Inhalt haben, konsumiert oder zum eigenen Konsum herstellt, einführt, lagert, erwirbt, sich über elektronische Mittel oder sonst wie beschafft oder besitzt. Minderjährige von mehr als 16 Jahren bleiben straflos, wenn sie voneinander einvernehmlich Gegenstände oder Vorführungen im genannten Sinne herstellen, diese besitzen oder konsumieren. Gegenstände oder Vorführungen im genannten Sinne sind nicht pornografisch, wenn sie einen schutzwürdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Wert haben.
Für die Erfüllung des Tatbestandes des Konsums gemäss Art. 197 Abs. 5 StGB ist es nicht mehr notwendig, dass die nämliche Datei heruntergeladen und abgespeichert wird (notabene auch in einem Cache). Der Tatbestand kann auch durch reines Betrachten über einen Internet-Browser erfüllt werden. Jedoch ist nicht jedes zufällige Treffen auf ein entsprechendes Bild oder Video strafbar. Gemäss Botschaft des Bundesrates (Botschaft (FN 6), 7618) und bundesgerichtlicher Rechtsprechung (6B_1260/2017) ist dafür auch relevant, ob der Beschuldigte gezielt danach gesucht hat, in welchem Kontext die Bilder oder Videos gezeigt werden (einschlägige Websites) und wie intensiv der Konsum illegaler Inhalte ist (qualitativ/quantitativ). Gemäss genannter bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind Suchbegriffe wie «teen porn» und «boys» sexe» bereits ein Indiz für ein illegales Verhalten im Sinne von Art. 197 Abs. 5 StGB. Letzteres wird jedoch von Patrick Vogler (in AJP 2019 S. 432, 437) kritisiert. Nach Auffassung von Vogler «müsste zumindest mitberücksichtigt werden, welche Websites der Beschuldigte besucht bzw. nach ‹teen porn› abgesucht hat – massgebend ist also nicht nur, was der Beschuldigte (möglicherweise) gesucht hat, sondern auch, wo er danach gesucht hat. Beispielsweise besteht ein Unterschied, ob der Beschuldigte eine einschlägige Website aufgerufen hat, auf welcher bekanntermassen pädophile Straftäter verbotenes Material austauschen bzw. konsumieren, oder ob er eine Site angewählt hat, deren Nutzungsbedingungen festhalten, dass ausschliesslich rechtskonformes Material mit erwachsenen Darstellern zur Verfügung gestellt wird. Während Ersteres dafür spricht, dass der Beschuldigte harte Pornografie konsumieren wollte, ist Letzteres als Indiz gegen den Vorsatz auf virtuelle Kinderpornografie zu bewerten» (AJP 2019 S. 432, 437 mit weiteren Literaturhinweisen).
Aufgefallen ist bei der Durchsicht entsprechender Urteile in der Schweiz, dass bis dato (2020) offenbar keine Fälle von verbotener Pornografie gemäss Art. 197 StGB entschieden wurden, bei denen Beschuldigte diese ausschliesslich im Internet-Browser, also ohne Download konsumiert haben*. Bei der Verfolgung der Delikte nach Art. 197 StGB stossen die Strafuntersuchungsbehörden in der Regel durch Peer-to-Peer-Scans von Filesharing und Chatrooms auf illegales Material, wobei entsprechende Bilder und Videos auch mit bei Interpol bereits bekannten Bildern und Videos abgeglichen werden (bekannte Bilder und Videos werden nicht eins zu eins verwendet, sondern deren Hash-Werte). Ein interessanter aktueller Artikel mit Video findet sich dazu bei NBC News Digital: «Inside the surveillance software tracking child porn offenders across the globe». Ob und wie der Konsum von verbotener Pornografie rein über einen Internet-Browser getrackt wird, ist nicht bekannt und scheint in der Schweiz noch keine Rolle zu spielen.
Das Bundesamt für Polizei fedpol hat auf seiner Homepage ein Formular aufgeschaltet, mit dem diesem verbotene Pornografie gemeldet werden kann: https://www.fedpol.admin.ch/fedpol/de/home/kriminalitaet/meldeformular.html. Etwas blauäugig ist die Idee des fedpol, dass man auch noch die eigene E-Mail-Adresse angeben soll. Das ist eher nicht ratsam … Evtl. sollte das Formular sogar über ein VPN aufgerufen und abgesendet werden. Allenfalls werden entsprechende Webseiten dann vom fedpol gesperrt (s. Tages-Anzeiger Online 08.09.2017 «Welche Pornoseiten der Bund sperrt»).
*Es ist auch etwas fraglich, wie effizient die Verfolgung des Konsums von verbotener Pornografie ausschliesslich über den Internet-Browser ist. Entsprechenden Content gibt es auch auf enorm populären Plattformen im Clearnet, wie z.B. «Pornhub». Nach schweren Vorwürfen hat diese Plattform gemäss Medienberichten im Dezember 2020 fast 9 Millionen Pornos entfernt. Auch wenn man sogar davon ausgehen würde, dass nur ein Bruchteil dieser Pornos illegal sind, ist es doch weitaus sinnvoller, mittels Upload-Filter und Content-Scans illegale Inhalte zu blockieren oder zu löschen, statt Hunderttausende oder sogar Millionen von aufwändigen Strafverfahren gegen einzelne User durchzuführen.
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