Chicken Case

07 Wettbewerbsrecht in der digitalen Welt – Cases

Case

In seiner Online-Ausgabe vom 12. März 2021 berichtet der Tages-Anzeiger von einem Namensstreit in der Gastronomie und titelt dazu: US-Gigant geht gegen Zürcher Güggeli-Lokal vor. Weil der Zürcher Ahmed Saeed für seine Zürich-Fried-Chicken-Lokale die Abkürzung ZFC verwendet, hat er nun Probleme mit Kentucky Fried Chicken (KFC).

Saeed eröffnete seinen ersten Poulet-Take-away mit dem Namen «Zürich Fried Chicken», kurz «ZFC», im Juni 2020. Den Lockdown im Frühjahr nutzte er, um das Lokal umzubauen, in dem er zuvor ein Take-away-Restaurant mit Namen «Spice Village» mit indischen Spezialitäten betrieben hatte. «Es war schon immer ein Traum von mir, ein Lokal mit Halal-Hühnergerichten anzubieten», sagt der 53-jährige Schweizer, der mit 20 Jahren seine Heimat Pakistan verliess, gegenüber dem Tages-Anzeiger. «Überall auf der Welt gibt es Dutzende, ja Hunderte solcher Restaurants, die auch den Namen Fried Chicken verwenden – in Pakistan, in London, in Dubai. Sie heissen HFC, ZFC und so weiter. Haben alle diese Restaurants auch einen Brief von Anwälten erhalten?»

Eine Schweizer Anwaltskanzlei, die Kentucky Fried Chicken (KFC) vertritt, verlangt nun in einem Schreiben an Saeed, dass dieser die Namen seiner Chicken-Take-aways ändert. Nur gerade zwei Wochen lassen die Anwälte dem Unternehmer Zeit, um einzulenken und einer Unterlassungserklärung zustimmen. Macht Saeed das nicht, drohen ihm die Anwälte im Auftrag des US-Giganten mit dem Gang vor die Justiz. Dabei habe er mit Kostenübernahme und Entschädigungen zu rechnen, aber auch mit strafrechtlichen Folgen, weil er das Marken- und Wettbewerbsrecht vorsätzlich missachte.

Die Schriftzüge in den Logos KFC und ZFC sehen sich sehr ähnlich – schwarze, kursiv geschriebene Grossbuchstaben. Das Zürcher Logo zeigt jedoch ein Huhn mit hochgestrecktem Daumen – bei der amerikanischen Firma dagegen ist das Konterfei des Gründers zu sehen. KFC verlangt nun, dass Saeed die Abkürzung ZFC nicht mehr verwende. Saeed sagt dazu gegenüber dem Tages-Anzeiger: «Ich stelle Fried Chicken her, und ich mache das in Zürich – es kann doch nicht verboten sein, dass ich das zu einem Namen zusammensetze und die Abkürzung dazu verwende?» Zudem will der amerikanische Hühnchenbrater, dass Saeed die Bezeichnung Szinger für einen Burger nicht mehr verwendet, da er selber einen Burger mit dem sehr ähnlichen Namen Zinger im Angebot hat.

Dem Tages-Anzeiger gegenüber bestätigt die US-Firma, dass sie von Zürich Fried Chicken Kenntnis habe. Man verstehe zwar die ähnliche Namensnennung als Kompliment, doch erlaube man es den Konkurrenten nicht, ihre Poulet-Spezialitäten zu kopieren. Saeed entgegnet, er verwende für seine Produkte nur frische Zutaten. Das Halal-Poulet stamme aus Holland und sei nicht tiefgefroren, die Marinaden stellten die Mitarbeitenden in den beiden Lokalen jeden Tag neu her.

Aufgabe

Analysieren Sie den Fall basierend auf dem Lauterkeitsgesetz (UWG). Der Markenschutz spielt in diesem Case Study keine Rolle. Nenne Sie auch die für den Fall relevanten Gesetzesartikel. Beantworten Sie dabei insbesondere folgende Fragen.

  • Bei Kentucky Fried Chicken (KFC) handelt es sich um eine der international grössten Restaurantketten, die weltweit über 20’000 Lokale betreibt. Für Kentucky Fried Chicken (KFC) ist Ahmed Saeed doch ein extrem kleiner Fisch. Wieso geht Kentucky Fried Chicken (KFC) überhaupt gegen «Zürich Fried Chicken ZFC» von Ahmed Saeed juristisch vor?
  • Wie beurteilen Sie die Konkurrenz der Bezeichnungen «Kentucky Fried Chicken», kurz «KFC» vs. «Zürich Fried Chicken», kurz «ZFC»?
  • Wie beurteilen Sie die Konkurrenz der Logos von «Kentucky Fried Chicken», kurz «KFC» vs. «Zürich Fried Chicken», kurz «ZFC»?
  • Wie schätzen Sie den Bekanntheitsgrad von Kentucky Fried Chicken (KFC) in der Schweiz ein und welche lauterkeitsrechliche Relevanz hat dies?
  • Ahmed Saeed sagt gegenüber dem Tages-Anzeiger: «Ich stelle Fried Chicken her, und ich mache das in Zürich – es kann doch nicht verboten sein, dass ich das zu einem Namen zusammensetze und die Abkürzung dazu verwende?». Wie ist diese Behauptung lauterkeitsrechtlich zu beurteilen?
  • Ahmed Saeed sagt gegenüber dem Tages-Anzeiger: «Überall auf der Welt gibt es Dutzende, ja Hunderte solcher Restaurants, die auch den Namen Fried Chicken verwenden – in Pakistan, in London, in Dubai. Sie heissen HFC, ZFC und so weiter.». Ist diese Behauptung für die Beurteilung des vorliegenden Falles in Zürich relevant? Erläutern Sie.
  • Inwiefern kann die Verletzung des UWG strafrechtliche Folgen haben?
  • Wie schätzen Sie die rechtlichen Chancen und Risiken von Ahmed Saeed in der vorliegenden Sache ein?
  • Welche Vorschläge zur gütlichen Beilegung der Sache könnte Ahmed Saeed Kentucky Fried Chicken (KFC) machen?

Zwischenzeitlich hat sich Zurich Fried Chicken mit Kentucky Fried Chicken KFC geeinigt. Der Name »Zurich Fried Chicken» und die Abkürzung «ZFC» bleiben, allerdings sind die Buchstaben nun schwungvoller und klein geschrieben (LZ Online 08.10.2021).

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