08.16 Informationsschutz

08 Innovationsschutz von digitalen Produkten

Der Begriff «Innovation» kommt vom lateinischen «innovare», was soviel wie «erneuern» bedeutet. Umgangssprachlich wird der Begriff für neue Ideen und Erfindungen verwendet1. Unter den Begriff «Innovationsschutz» fällt denn auch primär der Marken-, Patent- (Erfindungen), Design-, Urheberrechtsschutz. Die entsprechenden Rechte sind die Immaterialgüterrechte, in Englisch Intellectual Property Rights (IPR).

Innovationsschutz kann man aber umfassender sehen, als Informationsschutz. Objekt des Informationsschutzes sind nicht neue Ideen und Erfindungen, sondern Informationen. Dabei wird vorliegend der Begriff Information wiederum als umfassender als Datum (Singular) bzw. Daten (Plural) verstanden. Information kann auch mehrere Daten beinhalten.

In der oben publizieren Grafik sind Informationen insbesondere Software, Text, Bild, Musik, Design, Erfindungen, Firmen Datenbanken, Produktnamen (Marken), personenbezogene Daten und Geschäftsgeheimnisse.

Diese werden in der Schweiz insbesondere durch das Lauterkeitsgesetz (UWG), das Immaterialgüterrecht bzw. die Immaterialgüterrechte (Intellectual Property Rights, IPR), bestehend aus Markenschutz- (MschG), Patent- (PatG), Design- (DesG) und Urheberrechtsgesetz (URG), Geheimhaltungs- und Nichtbenützungsvereinbarungen (Non-Disclosure/Non-Use Agreements), Technik und Organisation, Datenschutzgesetz (DSG) und Strafrecht (Strafgesetzbuch, StGB) geschützt.

Vorliegende Darstellung umfasst die wichtigsten, jedoch nicht sämtliche mögliche Informationen und Schutzmöglichkeiten, ist also nicht abschliessend.

Immaterialgüterrechtlicher Schutz (Intellectual Property Rights, IPR)

In der oben publizierten Grafik werden die Informationen Texte, Bilder, Musik und Software primär durch das Urheberrechtsgesetz (URG) geschützt. Design sichert das Designgesetz (DesG). Produktnamen werden als Marken durch das Markenschutzgesetz (MSchG) gedeckt. Erfindungen fallen als Patente unter den Schutz des Patentgesetzes (PatG).

Betreffend Immaterialgüterrechte wird generell auf die Kapitel 08.01 bis 08.10 verwiesen.

Firmenschutz

Art. 956 des Obligationenrechts (OR) schützt den Namen eines im schweizerischen Handelsregisters eingetragenen Namen eines Einzelunternehmens, einer Handelsgesellschaft oder einer Genossenschaft. Eine im Handelsregister eingetragene Einzelfirma darf von keinem andern Geschäftsinhaber an demselben Orte verwendet werden, selbst dann nicht, wenn er den gleichen Vor- und Familiennamen hat, mit dem die ältere Firma gebildet worden ist (Art. 946 Abs. 1 OR). Die Firmen der Handelsgesellschaften und Genossenschaften müssen sich von allen in der Schweiz bereits eingetragenen Firmen von Gesellschaften in einer dieser Rechtsformen deutlich unterscheiden (Art. 951 OR).

Lauterkeitsrechtlicher Schutz

Insbesondere das Kopieren und Nachahmen von immateriellen Gütern, wie nicht registrierten Marken (m.E. TM, «Trademarks», Marken, die zwar im Markt verwendet werden, aber nicht registriert sind; vgl. insb. BGE 4A_22/2019 Otto’s vs. Otto Group [Unito]), aber auch nicht registrierter Designs kann nach Art. 3 Abs. 1 lit. d Lauterkeitsgesetz (UWG) unlauter sein.

Datenbanken können in der Regel nicht durch Immaterialgüterrecht geschützt werden, weil ihnen die verlangte Individualität bzw. Originalität (zu banal) fehlt. Nichtsdestotrotz handelt es sich regelmässig um wirtschaftlich relevante Werte, an deren Schutz Unternehmen ein Interesse haben. Aus diesem Grund hält Art. 5 lit. c des Lauterkeitsgesetzes (UWG) fest, dass unlauter handelt, wer das marktreife Arbeitsergebnis eines andern ohne angemessenen eigenen Aufwand durch technische Reproduktionsverfahren als solches übernimmt und verwertet. Marktreif ist ein Arbeitsergebnis bzw. ein Produkt dann, wenn es so weit entwickelt wurde, dass es auf dem Markt ohne weiteres angeboten werden kann. Es bedeutet, dass das Produkt die Entwicklungsphase abgeschlossen hat und nun für den Nachfrager verfügbar ist, also eine Reife erlangt hat, die es wettbewerbsfähig macht. Das technische Reproduktionsverfahren steht hier im Gegensatz einem manuellen. Im digitalen Zeitalter bedeutet dies regelmässig eine digitale Übernahme (Kopie) des marktreifen Arbeitsergebnisses.

Ein gutes Beispiel für den lauterkeitsrechtlichen Schutz von Datenbanken ist der Bundesgerichtsentscheid BGE 131 III 384 (Anzeiger Luzern). Ein Provider mit der Bezeichnung «Anzeiger Luzern» hat auf seiner Internet-Plattform Immobilien-Inserate publiziert, die er mittels automatisiertem System, einem sogenannten Such-Spider, auf anderen Immobilien-Plattformen gefunden hat. Die Klägerinnen, die Betreiberinnen der anderen Immobilien-Plattformen, warfen der Beklagten vor, ihre Immobilien-Inserate ohne angemessenen eigenen Aufwand zu übernehmen und auf der eigenen Website zu verwenden. Dies würde nach Ansicht der Klägerinnen den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs gemäss Art. 5 lit. c UWG erfüllen. Das Bundesgericht entschied, dass der Aufwand der Beklagten nicht unangemessen gering war und wies damit die Behauptung der Klägerinnen zurück, es läge eine unmittelbare Übernahme und Verwertung vor.

Wer Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse, die er ausgekundschaftet oder sonst wie unrechtmässig erfahren hat, verwertet oder andern mitteilt, handelt gemäss Art. 6 UWG unlauter.

Verstösse gegen die genannten Artikel können gemäss Art. 9 ff. UWG bzw. Art. 23 UWG sowohl zivil-, wie strafprozessual verfolgt werden.

Strafrechtlicher Schutz

Gemäss Art. 162 Strafgesetzbuch (StGB) ist die Verletzung eines Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisses ebenfalls strafbar.

Vertraglicher Schutz (NDA, NUA)

Wenn es bei den zu schützenden Informationen um Fabrikations- und/oder Geschäftsgeheimnisse geht, besteht auch die Möglichkeit eines vertraglichen Schutzes mittels Geheimhaltungsvereinbarung (engl. Non-Disclosure Agreement, NDA). Da diese m.E. vor der Verwertung durch die jeweils andere Partei nicht schützt, muss das NDA mit einem NUA verbunden werden, also einem Non-Use Agreement (Nichtverwendungsvereinbarung). Ganz wichtig. Sowohl NDA, wie NUA sollten unbedingt mit einer Konventionalstrafe verbunden werden. Ein NDA bzw. ein NUA ohne Konvenventionalstrafe ist wie ein «Tiger ohne Zähne».

NDA und NUA werden detalliert in Kapitel 04.10 Letter of Intent, Non-Disclosure und Non-Use Agreement erläutert.

Datenschutz

Alle personenbezogenen Informationen fallen unter das Datenschutzgesetz (DSG). Gemäss Art. 5 lit. a DSG sind Personendaten gemäss diesem Gesetz alle Angaben, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person beziehen. Informationen betreffend juristische Personen fallen nicht (mehr) unter das DSG. Diese Information werde u.a. durch das UWG und das StGB (s. vorne) geschützt.

Der Schutz von personenbezogenen Informationen bzw. Daten von natürlichen Personen wird ausführlich in Kapitel 06 Data Protection erläutert.

Technik und Organisation

Alle hier erwähnten Informationen können selbstverständlich nicht nur juristisch, sondern auch technisch und organisatorisch geschützt werden. Das Datenschutzrecht verlangt sogar ausdrücklich einen technischen Schutz. Aus juristischer Sicht muss ein technischer und organisatorischer Schutz adäquat zu den mit den Informationen verbundenen Risiken sein. S. dazu insb. Kapitel 06.07 Grundsatz der Datensicherheit.

  1. Wikipedia: «Innovation» ↩︎

Teaching Issues:
Übersicht über Informationen und ihren juristischen Schutz
Einführung Immaterialgüterrecht –> Schutzrechte-Portfolio
Softwareschutz
Lauterkeitsrechtlicher Schutz
– Strafrechtlicher Schutz
Prozessuale Verteidigung von Rechten an Informationen
Vertraglicher Schutz (NDA/NUA)
Datenschutz

08 Innovationsschutz von digitalen Produkten