15 Digitales Querschnittsrecht
Zielsetzungen
Mit der Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022, dem Digital Services Act (DSA; Dt.: Gesetz über digitale Dienste), will die Europäische Union (EU) ein sicheres, vorhersehbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld schaffen, indem der DSA klare Regeln für digitale Dienste und Plattformen in der EU aufstellt. Der DSA stärkt den Schutz der Nutzerinnen und Nutzer vor illegalen Inhalten, erhöht die Transparenz von Algorithmen und Werbung und legt Sorgfaltspflichten für sehr grosse Plattformen fest. Ziel ist es, Grundrechte im digitalen Raum zu wahren und fairen Wettbewerb zu fördern.
Geltungsbereich
Der DSA gilt für Vermittlungsdienste, die ihre Dienste Nutzern in der EU anbieten, unabhängig davon, ob diese Vermittlungsdienste in der EU niedergelassen sind oder nicht (Art. 2 Abs. 1 DSA). Diese erbringen folgende Dienste (Art. 3 lit. g DSA):
Reine Durchleitung:
Dienste, die lediglich eine Übertragung von Informationen in einem Kommunikationsnetz oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz beinhalten (z.B. Internet Access Provider)
Caching:
Dienste, die eine automatische Zwischenspeicherung und vorübergehende Speicherung der von einem Nutzer bereitgestellten Informationen zum alleinigen Zweck der Effizienz der Weiterleitung der Informationen auf Anfrage anderer Nutzer beinhalten.
Hosting:
Dienste, die die Speicherung von Informationen, die von einem Nutzer bereitgestellt werden, beinhalten (z.B. Cloud-Dienste, Webhosting, soziale Medien, Online-Marktplätze)
Wichtige Definitionen
Illegale Inhalte (Art. 3 lit. h DSA):
Der DSA definiert illegale Inhalte als alle Informationen, die selbst oder in Bezug auf eine Tätigkeit, einschliesslich des Verkaufs von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen, nicht mit dem Recht der EU oder dem Recht eines Mitgliedstaats im Einklang stehen, unabhängig vom konkreten Gegenstand oder der konkreten Art dieser Informationen. Dies ist eine sehr weitreichende Definition, die Inhalte umfasst, die insb. Hassrede, Terrorismus, Kinderpornografie, Betrug oder Produktpiraterie darstellen.
Online-Plattformen (Art. 3 lit. i DSA):
Eine Online-Plattform ist ein Hostinganbieter, der Informationen speichert und verbreitet, die von einem Nutzer in der Öffentlichkeit bereitgestellt werden, z.B. soziale Netzwerke, Online-Marktplätze und andere Plattformen, die es Nutzern ermöglichen, Inhalte hochzuladen und mit anderen zu teilen.
Sehr grosse Online-Plattformen (Very Large Online Platforms – VLOPs) und Suchmaschinen (Very Large Online Search Engines – VLOSEs) (Art. 33 Abs. 1 DSA):
Dies sind Plattformen und Suchmaschinen mit mehr als 45 Millionen aktiven Nutzern pro Monat in der EU. Für sie gelten strengere Regeln aufgrund ihrer potenziell systemischen Risiken. Die EU-Kommission benennt diese Plattformen in einer Pressemitteilung vom 25. April 2023: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_2413.
Kernpflichten der Vermittlungsdienste
Der DSA führt eine Reihe von Verpflichtungen ein, die je nach Art und Grösse des Dienstes gestaffelt sind.
Transparenzpflichten (Art. 13-16 DSA):
Alle Vermittlungsdienste müssen Transparenz über ihre Geschäftsbedingungen herstellen und klar aufzeigen, welche Arten von Inhalten sie moderieren und wie.
Meldemechanismen und Massnahmen gegen illegale Inhalte (Notice-and-Action-Mechanismen) (Art. 16 DSA):
Hosting-Dienste, einschliesslich Online-Plattformen, müssen Mechanismen bereitstellen, über die Nutzer illegale Inhalte melden können. Sie müssen Meldungen sorgfältig prüfen und begründete Entscheidungen über die Entfernung oder Sperrung treffen. Die Nutzer müssen über die Entscheidung informiert werden.
Beschwerde- und Streitbeilegungsmechanismen (Art. 17-21 DSA):
Online-Plattformen müssen interne Beschwerdemechanismen für Nutzer bereitstellen, die mit einer Moderationsentscheidung nicht einverstanden sind. Zudem müssen sie aussergerichtliche Streitbeilegungsstellen anerkennen.
Verpflichtungen für Online-Marktplätze (Art. 30 DSA):
Online-Marktplätze müssen Sorgfaltspflichten erfüllen, um den Verkauf illegaler Produkte oder Dienstleistungen zu verhindern. Dazu gehört die Überprüfung von Händlerinformationen und die Bereitstellung von Kontaktpunkten für Kunden.
Zusätzliche Pflichten für VLOPs und VLOSEs:
Risikobewertungen (Art. 34 DSA):
VLOPs und VLOSEs müssen jährliche Risikobewertungen durchführen, um systemische Risiken zu identifizieren und zu mindern. Dazu gehören Risiken im Zusammenhang mit der Verbreitung illegaler Inhalte, negativen Auswirkungen auf Grundrechte (Meinungsfreiheit, Datenschutz) oder Auswirkungen auf demokratische Prozesse.
Krisenreaktionsmechanismen (Art. 36 DSA):
VLOPs und VLOSEs müssen auch in Krisenzeiten Mechanismen zur Reaktion auf die schnelle Verbreitung illegaler Inhalte implementieren.
Interne Compliance-Funktion (Art. 37 DSA):
VLOPs und VLOSEs müssen unabhängige interne Compliance-Funktionen einrichten, um die Einhaltung des DSA zu überwachen.
Datenaustausch mit Behörden und Forschenden (Art. 40 DSA):
VLOPs und VLOSEs müssen Daten mit Forschenden austauschen, um die Risikobewertung zu unterstützen.
Durchsetzung und Sanktionen
Zuständige Behörden (Art. 49 und 50 DSA):
Die Durchsetzung des DSA erfolgt auf nationaler Ebene durch die nationalen Koordinatoren für digitale Dienste (Digital Services Coordinators – DSCs) und auf EU-Ebene durch die EU-Kommission, insbesondere für VLOPs und VLOSEs.
Bussen (Art. 52 DSA):
Bei Verstössen gegen den DSA können hohe Bussen verhängt werden. Für VLOPs und VLOSEs können diese bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes (!) betragen. Bei kleineren Diensten können die Bussen bis zu 1 % des Jahresumsatzes betragen.