03 Arbeitnehmer in der digitalen Welt
Um auch das Problem mit den Clickworkern verstehen zu können, ist es notwendig den Unterschied zwischen einem Angestelltenverhältnis gemäss Art. 319 ff. des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) und einem Freelancing, also einer Tätigkeit als Selbständiger zu kennen.
Gemäss schweizerischem Recht und schweizerischer Rechtsprechung ist jemand Angestellter, wenn er in die Arbeitsstruktur des Arbeitgebers eingebunden ist. Beurteilen kann man diesen Punkt nicht aufgrund einzelner Umstände, sondern lediglich aufgrund der Gesamtumstände. Insbesondere folgende Elemente, mindestens teilweise in Kombination, deuten auf ein Angestelltenverhältnis hin: Weisungsrecht des Arbeitgebers (wichtigstes Kriterium), fester Arbeitsort (muss nicht unbedingt gegeben sein), feste Arbeitszeiten (muss nicht unbedingt gegeben sein), vorgeschriebene Arbeitsmittel, regelmässiger Lohn. Auf Angestellte kommt das zwingende und das dispositive Arbeitsrecht (insb. Arbeitsgesetz (ArG), OR) sowie das Sozialversicherungsrecht der Schweiz zur Anwendung.
Ein Selbständigerwerbender (engl. Freelancer) ist insofern «free», als er bzw. sie eben gerade nicht in eine Arbeitsstruktur eingebunden ist. Er oder sie erhält von seinem/ihrem Arbeitgeber einen Auftrag (i.d.R. Werkvertrags- [Erfolg] oder Auftragsverhältnis [Service, Sorgfalt]), für dessen Erfüllung er völlig frei in der Wahl der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsmittel ist. In der Regel ist die einzige Vorgabe die Ablieferung der vereinbarten Arbeit in der vereinbarten Zeit. In einem neuen Entscheid (s. BGE 9C_308/2017 vom 17.05.2018 in NZZ 06.06.2018 Sieg für Ausgleichskasse) kommt das Bundesgericht zudem zum Schluss, dass auch das unternehmerische Risiko auf eine selbständige Tätigkeit hinweist. Ein Freelancing wird in der Regel als Werkvertrags- (geschuldet ist ein Erfolg) oder Auftragsverhältnis (geschuldet ist ein Service, Sorgfalt) typisiert.
Die wichtigste Auswirkung der Unterscheidung zwischen Angestelltenverhältnis und Freelancing ist der Umstand, dass ein Arbeitgeber einen Freelancer nicht sozialversichern (u.a. AHV, IV, AL, BVG, UVG) und keine Sozialversicherungsbeiträge für diesen zahlen muss. Das ist aber auch gleich das grösste Risiko für einen Arbeitgeber. Denn die Sozialversicherungen können bei Arbeitgebern vermeintlichen Freelancern, also rechtlich effektiv Angestellten bis zu fünf Jahre zurück Sozialversicherungsbeiträge nachfordern. Das kann für Arbeitgeber zu einer schweren finanziellen Belastung führen, insbesondere, wenn ein Arbeitgeber mehrere solche Fälle hat. Es stellt sich darum die Frage, wie man als Arbeitgeber sicher sein kann, in welchem rechtlichen Verhältnis die Arbeitnehmer zu einem stehen. In der Juristerei gibt es zwar keine wasserdichten Lösungen, m.E. ist diesbezüglich aber eine Möglichkeit, dass man die zuständige Ausgleichskasse (s. www.ausgleichskasse.ch) kontaktiert und sich bestätigen lässt, ob die entsprechende Person nach Ansicht der Ausgleichskasse angestellt oder selbständig ist.