Schwer fassbare Täter
Die Strafverfolgung in der digitalen Welt ist für die Behörden eine grosse Herausforderung. Insbesondere über das Internet wird ortsunabhängig und weltweit delinquiert. Kommt dazu, dass die Täterinnen im Internet in vielen Fällen entweder von Ländern aus agieren, die keine oder eine praktisch nicht vorhandene Strafverfolgung haben, oder sogar anonym handeln.
Massendelinquenz – Law and Order by Design
Zudem gibt es mittlerweile z.B. im Bereich des Urheberrechts und der verbotenen Gewaltdarstellungen und der verbotenen Pornografie eigentliche Massendelikte. So hat z.B. gemäss Medienberichten die äusserst populäre (Alexa-Welt-Ranking # 79) und im Clearnet abrufbare Porno-Plattform «Pornhub» nach schweren Vorwürfen im Dezember 2020 fast 9 Millionen Pornos entfernt. Auch wenn man davon ausgeht, dass nur ein Teil dieses Contents wirklich illegal war, haben sich in Ländern, wie z.B. der Schweiz, wo auch nur schon das Betrachten dieses Contents kriminell ist, wohl Millionen von User theoretisch strafbar gemacht. Es ist evident, dass es weitaus sinnvoller ist, mittels Upload-Filter und Content-Scans illegale Inhalte zu blockieren oder zu löschen, statt Millionen von aufwändigen Strafverfahren gegen einzelne User durchzuführen. Dies gilt auch für die Millionen von Urheberrechtsverletzungen, insbesondere bei in der Schweiz telquel geschützten Fotografien, durch das Teilen auf den Social Media. In all diesen Bereichen braucht es, wie im Datenschutz, «Law and Order by Design». D.h. die digitalen Systeme müssen von Gesetzes wegen so entworfen und gebaut werden, dass eine Delinquenz schon gar nicht möglich ist; wie eben z.B. durch Upload-Filter und Content-Scans.
Sachliche/örtliche schweizerische strafrechtliche bzw. -prozessuale Zuständigkeit
Sachliche Zuständigkeit
Gemäss Art. 3 Abs. 1 des schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) ist der schweizerischen Strafbarkeit generell unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen (Art. 10 Abs. 1 StGB: Tat, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht ist) oder ein Vergehen (Art. 10 Abs. 2 StGB: Tat, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht ist) begeht. Ein Verbrechen oder ein Vergehen gilt gemäss Art. 8 StGB dann als in der Schweiz begangen, wenn der Täter es in der Schweiz ausgeführt hat oder in der Schweiz pflichtwidrig untätig blieb, und, wenn der Erfolg der Tat in der Schweiz eingetreten ist.
Art. 4 ff. StGB führen weitere spezielle sachliche Zuständigkeiten der schweizerischen Strafverfolgung auf.
Örtliche Zuständigkeit
Nach Art. 31 Abs. 1 der schweizerische Strafprozessordnung (StPO) sind die schweizerischen Behörden für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat zuständig, wenn entweder der Handlungs- oder der Erfolgsort in der Schweiz liegt.
Wenn sich also ein Krimineller aus dem Ausland in die Rechner einer Unternehmung in der Schweiz hackt, ist dies nach schweizerischem Recht strafbar und die schweizerischen Behörden sind in der Sache örtlich zuständig. Wer sich umgekehrt von der Schweiz aus mit einem widerrechtlich geteilten oder geklauten Passwort den Zugang zu einem Dienst, wie Netflix, auf einem ausländischen Rechner verschafft, kann sich in diesem Land strafbar machen und in diesem Land durch die Behörden verfolgt werden.
Strafverfolgung durch Kantone als Achillesferse
Die Achillesferse der schweizerischen Strafverfolgung ist der Umstand, dass diese im Wesentlichen den Kantonen obliegt. Strafverfolgung in der digitalen Welt verlangt aber nach ganz spezifischem Know-how sowie entsprechender technischer Mittel. Zudem haben viele Delikte in der digitalen Welt typischerweise einen Auslandsbezug. Diesbezüglich sind insbesondere kleinere Kantone überfordert, auch wenn auch diese in diesem Bereich laufend aufrüsten. Immerhin erhalten sie vom Bundesamt für Polizei fedpol und dem Nationalen Zentrum für Cybersicherheit (NCSC) Unterstützung. Die Kantone selbst koordinieren die Bekämpfung der Internetkriminalität im Rahmen des Netzwerks digitale Ermittlungsunterstützung Internetkriminalität (NEDIK).